B20 Umleitungsbeschilderung

B20: Was bringt die Umleitungsbeschilderung?

Um die Verkehrsproblematik in Tittmoning in den Griff zu bekommen, war die Stadt im vergangenen Jahr sehr aktiv. Im Herbst 2021 einigte man sich auf ein schrittweises Vorgehen in enger Abstimmung mit der Polizei, der Unteren Verkehrsbehörde des Landkreises Traunstein und dem Staatlichen Bauamt Traunstein, aber auch mit Vertretern der „IG Stadtumfahrung“ und der „IG Anwohner Umfahrung“. Viel erhoffte man sich von einer „intelligenten Wechselbeschilderung“, die als erster, sofort umsetzbarer Schritt schon in diesem Sommer den motorisierten Durchgangsverkehr im Bedarfsfall, also bei hohem Verkehrsaufkommen und Stau im Stadtbereich, über die Schwerlastumfahrung umleiten sollte.

Seit Anfang Mai war nun zur Entzerrung des Verkehrs durch die Tittmoninger Altstadt in Zeiten besonderer Belastung diese dynamische Umleitungsbeschilderung an der B20 in Betrieb. Sie sollte helfen, den Stadtkern in Stoßzeiten zu entlasten, ohne dabei die Anwohner der Lkw-Umfahrung über Gebühr zu belasten. Bei dieser „versuchsweisen“ Maßnahme handelt es sich um ein Pilotprojekt. Deutschlandweit ist Tittmoning die zweite Kommune, bei der das auf Autobahnen erprobte System einer individuellen kommunalen Problemstellung angepasst wird.

So funktioniert die „intelligente“ Beschilderung

Durch Erfassen der passierenden Fahrzeuge und ihrer durchschnittlichen Geschwindigkeit erkennt die Anlage über Detektoren Rückstaus auf der B20 vor dem Burghauser und dem Laufener Tor und meldet diese an einen Verkehrsrechner der Betreiberfirma. Daraufhin werden die beim Seewirt und auf Höhe von Abtenham installierten Verkehrsschilder aktiviert, welche die ankommenden Verkehrsteilnehmer auf der B20 über die Staugefahr auf der Route durch die historische Altstadt informieren und ihnen stattdessen die Nutzung der Lkw-Umfahrung empfehlen.

Die Staus wurden aber in den Testmonaten nicht nur umgehend erfasst und mit Sofortmaßnahmen beantwortet, sondern sollen auch zeitnah ausgewertet werden. Die Anzahl der passierenden Fahrzeuge, welche die Anlage vor den Stadttoren erfasst, wird nämlich nicht nur zur Steuerung der Schaltung verwendet, sondern gekoppelt an die jeweiligen Zeiten später auch bei der Ergebnisanalyse berücksichtigt. Nicht nur die Detektoren vor den Stadttoren, sondern auch die auf der Umfahrung (TS16 und St2105) zählen den Verkehr zu Statistikzwecken. So kann man im Nachhinein feststellen, wie viele Autofahrer der Empfehlung bei aktivierter Anlage jeweils gefolgt sind. Funktion und Erfolg des Umleitungssystems sollen nach den Monaten des sommerlichen Testbetriebs auf Basis der hier erfassten Daten im Herbst überprüft werden.

Wie intelligent ist das System wirklich? Und die Autofahrer?

Die Tittmoningerinnen und Tittmoninger, so kann man zahlreichen Facebook-Kommentaren entnehmen, glauben nach den ersten Monaten jedenfalls nicht mehr an die Wirksamkeit dieses Systems. Seit Testbeginn im Mai wurde die Umleitungsbeschilderung bereits vielfach ausgelöst – offenbar aber nicht oft, nicht lang und nicht schnell genug. Die Hürden für die Aktivierung der Anzeige scheinen noch zu hoch, die Reaktionszeit zu lang. Die Stadt hat daher bereits eine Anpassung beantragt, sowohl was die Schwelle für die Geschwindigkeit der erfassten Autos als auch was die Aktivitätsdauer der digitalen Anzeigen angeht. Das Ergebnis ist allerdings auch unabhängig davon zum Teil ernüchternd, die Erfahrungen mit dem System spätestens seit Beginn der Sommerreisezeit, insbesondere seit Beginn der bayerischen Schulferien, enttäuschend.

Auch wenn die Anzeige bei Verkehrsüberlastung im Stadtbereich aktiviert wird, ignorieren viele Autofahrer die Umleitungsempfehlung offenbar, folgen lieber ihrem Navigationssystem oder schlicht dem vor ihnen fahrenden Auto und fahren an der Anzeige vorbei mit unverminderter Geschwindigkeit auf der B 20 weiter in Richtung Stadt. Das Ergebnis waren auch in diesem Sommer wieder häufig lange Rückstaus vor den Stadttoren, die für Autofahrer wie Anwohner gleichermaßen ärgerlich sind. Auch eine Anpassung im Schaltbild hat die Stadt daher noch im August beantragt: Der möglicherweise abschreckende Verweis auf die 2,8 km Umweg sollte ebenso wegfallen wie das Lkw-Piktogramm über dem Hinweis „Umfahrung benutzen“ (zu Redaktionsschluss Ende August noch in Arbeit). Des Weiteren soll eine Anpassung der Vorfahrtsregelungen an den Stadttoren geprüft werden, um lange Rückstaus am Stadtplatz zu vermeiden.

Gegen die Ignoranz und Navi-Hörigkeit v.a. der Fern- und Durchreisenden ist freilich kein Kraut gewachsen. Eine unverbindliche „Empfehlung“ ist da keine Lösung. Umso wichtiger und dringlicher sind nach Ansicht von Bürgermeister Andreas Bratzdrum die bereits mehrfach mit den Fachbehörden und mit den Interessengemeinschaften besprochenen Kreisverkehre an den Knotenpunkten Abtenham, Wiesmühl/Ledern und Furth. Sie sollen mit der damit verbundenen Reduzierung der Geschwindigkeit die Pkw-Fahrer zu einer bewussten Entscheidung darüber führen, ob sie die Stadt besuchen oder nur auf der Durchreise sind.

Stau in Tittmoning an der B20
Stau vor dem Laufener Tor in Tittmoning an der B20

Dr. Gerda Poschmann-Reichenau