Tag der Ausbildung bei Rosenberger

Bei Rosenberger ist jeder Tag ein „Tag der Ausbildung“

Betriebliche Ausbildung in zahlreichen Berufen: Karrieren eingeplant

Ausbildung sichert die Zukunft, das weiß jeder. Um den Satz zu verstehen, muss man aber einen Blick in die Vergangenheit werfen. Vor 65 Jahren (in der Industriegeschichte eine kurze Zeit) wurde das Familienunternehmen Rosenberger gegründet, in einer Schlosserwerkstatt in der Altstadt von Tittmoning. Heute sind rund 3.100 Leute allein im Stammwerk Fridolfing beschäftigt. Dass Betriebe dieser Größen­ordnung in unserer ländlichen Region Fuß fassen und in rasantem Tempo wachsen konnten, ist das Verdienst der jungen Männer und Frauen, die bereit waren, die Anforderungen der Industrie zu verstehen und die nötigen Fertigkeiten dafür zu erlernen. Wenn sich Rosenberger heute in 12 verschiedenen Ausbildungsberufen rd. 150 Auszubildende leistet (o ja, Ausbildung ist teuer und nicht überall wird ihr Wert so sehr geschätzt), dann ist das ein Bekenntnis zur Zukunft. Ein Pakt zwischen dem Unternehmen, das seine führende Stellung am Weltmarkt behalten will und den jungen Leuten, die sich der Mühe des Lernens unterziehen, um damit ihren Lebensstil zu sichern.

Große Worte sind nicht Stil des Hauses. Personalreferentin für Ausbildung Sophia Osl zeigt lieber das Werk, eine Stadt aus neuen Zweckbauten und „Denkmälern“, ehemaligen Produktionsstätten. Die Lehrwerkstatt befindet sich in einer früheren Maschinenhalle. Sie wurde von Grund auf saniert und mit allen Maschinen und Einrichtungen ausgerüstet, die man zum Er­lernen der Grundfertigkeiten benötigt.

Die Industriemechaniker, Maschinen- und Anlagenführer, Werkzeugmechaniker und Mechatroniker, die hier erst einmal Grundfertigkeiten, Sicher­heitsdenken und rationelles Arbeiten üben, stellen den Hauptanteil an Auszubildenden; das erste halbe Jahr üben sie hier gemeinsam Drehen, Bohren, Fräsen. Dann teilen sich die Wege: Industriemechaniker lernen dreieinhalb Jahre und sind am Ende mit allen Maschinen so vertraut, dass sie die Werkzeugsätze selbständig einrichten und auf das Produkt präzise abstimmen können. Maschinen- und Anlagenführer werden in ihrer Ziel-Abteilung weiter ausgebildet und können im Mehrmaschinenbetrieb die Qualität der Teile überwachen und ggf. nachjustieren; sie müssen auch auf Störungen achten und notfalls rechtzeitig die Fertigung unterbrechen. Werkzeugmechaniker sind die Künstler, die dafür sorgen, dass gehärtete Werkzeuge auf Hundertstel-Millimeter genau und über riesige Stückzahlen Teile formen können. Mechatroniker sind für die elektronische Steuerung von Anlagen aller Art zuständig.

Die Produktion, für die sie trainieren, umfasst fünf Bereiche: die Einzelteilfertigung (mechanisch oder elektronisch gesteuerte Dreh- und Rundtaktmaschinen), die Montage (Einzelarbeitsplätze, Linien, Montageautomaten), die Stanztechnik (Stanzbiegeautomaten und Zentren, die Einzelteile oder ganze Steckverbinder vom Band fertigen), die Werkzeugtechnik (Bau und Instandhaltung von Dreh-, Fräs-, und Stanzwerkzeugen und Werkzeugsätzen) und die Zerspanungstechnik (Herstellung von Maschinenteilen aus verschiedenen Materialien auf Mehrstationen-Verbundmaschinen).

Je nach Berufsziel halten sich die Auszubildenden länger oder kürzer in den Abteilungen auf, ehe sie sich auf die Ziel-Abteilung spezialisieren.

Alle Auszubildenden erhalten ihr theoretisches Wissen in der Berufsschule Traunstein. Maschinen- und Anlagenführer lernen 2 Jahre, legen eine Zwischenprüfung ab und erhalten nach der Schlussprüfung den Gesellenbrief. Die übrigen Berufe praktizieren die „gestreckte Abschlussprüfung“, sie legen die Abschlussprüfung I, die das Ergebnis zu 40% bestimmt, nach eineinhalb Jahren ab und die Abschlussprüfung II am Ende der Lehrzeit.

„Und danach werden sie übernommen“, sagt Gerhard Zeif, der Leiter der Ausbildungswerkstatt. „In 30 Jahren meiner Tätigkeit haben alle Absolventen einen Arbeitsplatz in der Zielabteilung angeboten bekommen – nur einmal, in einer plötzlichen Rezession mit massiver Kurzarbeit, erst mit ein paar Monaten Verspätung.“

Auf dem Weg zur Galvanikhalle berichtet Annika Sporrer über ihre Ausbildung zur Industriekauffrau. Die Lehrzeit von 3 Jahren wird bei Rosenberger regelmäßig auf 2 ½ Jahre verkürzt. Auch sie erhalte die theoretische Unterweisung in der Berufsschule und lerne die Praxis an den Arbeitsplätzen in allen kaufmännischen Abteilungen. Neben Einkauf, Verkauf und Buchhaltung gehören dazu auch Fertigungsdisposition, Logistik und der Kunden-Empfang: ihr erstes Berufsziel. Sie schätze am Großbetrieb die Fülle an Wissen, das ihr offen stehe und damit die Möglichkeit, in andere Abteilungen wechseln und neue Erfahrung sammeln zu können.

Hanna Zehentner hat sich für ein Spezialgebiet der Betrieblichen Ausbildung entschieden, das „Duale Studium“. Sie hat nach dem Abitur an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Friedrichshafen, der Partnerin von Rosenberger beim Dualen Studium, in der Fachrichtung Maschinenbau zu studieren begonnen und erreicht in drei Jahren den Bachelor-Abschluss. Jedes Semester besteht aus drei Monaten Studium und drei Monaten betrieblicher Praxis. Jedes Semester endet mit einer Prüfung. Ihr Berufsziel hat sie aus technischem Interesse gewählt. Konstruktion und Prozessentwicklung sind ihr favorisiertes Fachgebiet. Sie schätzt den kollegialen Umgang mit den Praktikern und die Nähe zur geschäftlichen Realität.

In der Personalverwaltung von Rosenberger ist Frau Katja Zimmermann für das Duale Studium zuständig. Nicht nur technisch Interessierte finden dort ideale Studienbedingungen, neben Ingenieurwesen kann man Betriebswirtschaft, Informatik, und andere Inhalte studieren. Duale Studiengänge können auch mit der Fachhochschule Rosenheim angeboten und durchgeführt werden.

Brian Gappmaier ist für die Ausbildung in einem der größten Galvanikbetriebe Bayerns zuständig. In der weitgehend automatisierten Anlage sind 140 Mitarbeiter und 11 Auszubildende beschäftigt. In der drei Stockwerke hohen Galvanikhalle sind vor allem die riesigen Trommel-Automaten-Straßen der Blickfang; hier werden Millionen Einzelteile in einem elektrochemischen Prozess mit Edelmetallen beschichtet. Dazu kommt es stark auf die Chemie an. Die Bäder, in denen Salze der jeweiligen Metalle gelöst sind, müssen im laufenden Prozess stabil gehalten werden. Was nach Miraculix klingt, ist ein Vorgang, der umfassendes Wissen und ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein verlangt.

Ausgebildet werden Oberflächenbeschichter in einer 3-jährigen und Chemielaboranten in einer 3 ½-jährigen Ausbildungszeit. Zu Beginn lernen alle in der Handgalvanik die Grundfertigkeiten: der Ablauf des Prozesses von der Vorbereitung des Teils über die Abfolge der Bäder und die Verweildauer muss mit allen Abweichungen und Zusätzen verstanden werden. Bei den geringen Stückzahlen für die Musterfertigung kann das quasi am Modell geprobt werden. Zu den Lerninhalten gehören der Oberflächenschlüssel (der ausdrückt welche Schichten in welcher Stärke aufzubringen sind), das Chemiemanagement, das die Bäder stabil hält, das Labor, in dem u.a. Analysen vorgenommen werden können und das Abwassermanagement, also die Rückgewinnung aller Metalle und Chemikalien. Die Mitarbeiter müssen die Anlagen technisch beherrschen können. Dazu gehört es, Chargen anlagen-optimiert vorzubereiten, also den Teile-Mix so wählen, dass immer eine optimale Auslastung gewährt ist. Spezielle Anforderungen stellen Bandgalvanik und Selektivbeschichtung. Vinzenz Hoier, Azubi im ersten Lehrjahr, sagt auf die Frage, wie er mit alledem zurechtkomme: „Super!“ Und erklärt, dass er sehr froh sei über das umfassende Wissen, das ihm vermittelt werde.

Weitere Ausbildungsberufe sind Fachinformatiker für Systemintegration und Elektroniker für Betriebstechnik. Christian Resch, der gerade im zweiten Jahr in der früher so genannten Betriebswerkstatt lernt, weist auf Erfindungsgeist und Flexibilität als wichtige Qualitäten hin. Und Markus Bichlmaier, sein Chef, bestätigt: es gibt große Engpässe bei Ersatzteilen für alte Maschinen und bei Chips für elektronische Anlagen. Wenn man monatelangen Maschinenausfall vermeiden will, muss man kreative Lösungen finden oder alte Anlagen ausschlachten können – gewusst wie!

So ist neben den klug durchdachten Plänen und den akribisch geregelten Abläufen im Industriebetrieb immer auch der menschliche Faktor von großer Bedeutung. Er steht nicht ausdrücklich im „Informationsheft für Berufsstarter“, aber er ist vorhanden. Am 1. Juli 2023 ist der „Tag der Ausbildung“, bei dem man sich über alle Einzelheiten informieren, aber auch die Leute kennen lernen kann, auf die es ankommt.

Josef Wittmann