Die neue wilde Salzach-Au

Salzach-Au Tittmoning

Eine Entdeckungsfahrt zwischen Salzach und Siechenbach nördlich von Tittmoning

„No Regret“ heißt das derzeit laufende Projekt an der Salzach nördlich von Tittmoning der Wasserwirtschaftsämter beiderseits des Grenzflusses. Statt alte Bausünden zu bedauern, sollen deren Maßnahmen die Salzach und die angrenzenden Auen zumindest stückweise in die ursprüngliche Form zurück entwickeln (wir berichteten).

Der erste Teil der Maßnahmen wurde inzwischen umgesetzt. Auf einer Erkundungstour mit dem Fahrrad sind bereits deutliche Änderungen erkennbar. Konnte man früher an der Salzach entlang bis zur Mündung des Siechenbaches radeln, so wird nun die Tour bei Flusskilometer 26 ein erstes Mal unterbrochen. Die Sperrung ist zwar deutlich ausgeschildert, aber nur halbherzig mit Sandhaufen ausgeführt. Die Spuren führen daran vorbei weiter an der Salzach.

Ab der Sperrung wurden die Bäume zwischen Weg und Salzach entfernt und als Altholz-Haufen in der Au als zukünftiges Heim für Flora und Fauna wild geschlichtet. Ein erster Eindruck von Dschungel: Zwischen Weiden, Eichen und Pappeln wuchern Indisches Springkraut, Schachtelhalm und Brombeeren. Die Goldrute ist auf dem Vormarsch. Auf dem Weg haben Pappeln bereits kräftig ausgesät und beginnen, die Fläche zurückzuerobern.

Bei Flusskilometer 24 ist dann endgültig Ende Gelände. Der Weg an der Salzach entlang ist mit Steinen unüberwindbar gesperrt. Der frühere Weg hinter der Absperrung wurde abgetragen und alle Befestigungen rückgebaut. Jetzt geht es landeinwärts an einem Steinlager vorbei Richtung Siechenbach.

Die Strecke zwischen Salzach und Siechenbach mitten durch die wilde Au entwickelt sich zu einem sinnlichen Gesamteindruck. Der Weg wurde nicht schnürlgerade, sondern mäandernd bis zur Siechenbachmündung angelegt. Er ist gut ausgebaut und befestigt und sehr gut mit dem Fahrrad befahrbar. Rechts und links ist alles dicht bewachsen. Die Sonnenstrahlen fallen schräg durch das Laubdach, man hört immer wieder das Wasser murmeln, manchmal duftet es leicht säuerlich nach dem Springkraut, dann wieder leicht moderig oder grün nach Bäumen und Gräsern. Schließlich lichtet sich das Grün und vor einem liegt die Mündung des Siechenbachs – jetzt noch mit der alten Brücke, die aber diesen Winter gegen eine neue, höher gelegene ausgetauscht werden soll. Am anderen Ufer wurde nichts verändert, dort geht es weiterhin ein Stück den Hang hinauf und dann wieder an der Salzach entlang bis Burghausen.

Auf dem Rückweg kann man auch am Siechenbach bleiben. Dort bieten sich einem immer wieder Ausblicke auf die künstlerische Schaffenskraft der Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamtes. Aus meterhohen Stämmen wurden in der Au immer wieder Skulpturen geschaffen, die allein durch ihre schiere Größe, aber auch durch die kunstvollen Arrangements beeindrucken. In der Fachsprache heißen sie Totholzpyramiden, also Pyramiden aus Baumstämmen, die in Zukunft Spechten und Fledermäusen als neuer Lebensraum dienen sollen.

Das erste Fazit lautet: Die Maßnahmen des „No Regret“-Projektes schaffen Erholungsräume für alle – Mensch, Tier und Pflanzen. Ein Ausflug lohnt sich zu jeder Jahreszeit.

Ute Sesselmann