Mühlenlehrpfad soll die Geschichte der Wassernutzung dokumentieren

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Hier am möglichen Mühlenlehrpfad gewinnt man Einblicke in die Wassernutzung in früherer Zeit.

Die Idee ist nicht neu, vor langem schon hatte Helmut Perseis es angeregt, aber jetzt kommt endlich Schwung in die Sache: Die Geschichte der Wassernutzung in Tittmoning soll mit der Einrichtung eines Mühlenlehrpfads dokumentiert und veranschaulicht werden. Das transnationale LEADER-Projekt in Zusammenhang mit dem österreichischen Pfarrwerfen (Pongau) betreut von Tittmoninger Seite die Leiterin des Gerbereimuseums, Waltraud Jetz-Deser.

Beeindruckend weit zurück reicht die Historie der Wasserkraftnutzung in unserer Stadt, die heute in ein städtisches Wasserkraftwerk mündet. Wie einem Aufsatz von Helga Reindel-Schedl in Das Salzfass N° 23 (2/1989) zu entnehmen ist, ist die Existenz von Mühlen in Tittmoning bereits zu Beginn des 8. Jahrhunderts belegt. Diese wurden mit der Kraft des Wassers aus dem Ponlachbach betrieben und dienten zunächst wohl vor allem als Getreidemühlen. Erzbischof Eberhard II. ließ im 13. Jahrhundert zusammen mit dem Bau der Burg und der Stadtgründung einen künstlichen Wasserlauf einrichten, laut Reindel-Schedl eine „Meisterleistung hochmittelalterlicher Technik“, zugleich „Grundlage einer vorausschauenden Stadtplanung“.

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Kupferstich von 1666 aus der „Saltzburgischen Chronica“ von Franz Dückher von Hasslau zu Winkl (1609-1671).
Bild: Richard Ruhland – Burg – Stadt – Vorstadt Tittmoning · Stadtgeschichte um 1800

Mühl- und Stadtbach sorgten fortan vor allem dafür, dass verschiedene Gewerbe in der Stadt zur Blüte gelangten: Die Wasserkraft trieb Hammerschmiede und Sägemühle an, Tuchmacher, Gerber, Bader und Färber hatten reichlich Wasser zur Verfügung, der quer über den Markt verlaufende Stadtbach nahm die Abfälle der Fleischbänke am Stadtplatz mit, und nicht zuletzt diente er im Brandfall als Lieferant für Löschwasser. Bereits 1350 wurden die sechs Tittmoninger Mühlen genannt, die bis ins 19. Jahrhundert Bestand haben sollten: In der heutigen Mühlenstraße sind dies Keilmühle (N° 16), Dandlmühle (N° 13), Walchmühle (N° 12), Bruckmühle (N° 10), Grünmühle (N° 7) und Schwarzmühle (N° 1). Dazu kommen jenseits des Stadtplatzes die Thörlmühle (Gabelsbergerstr. 2) und im Ponlach die Schloßmühle (Ponlach 1). Die Gesamtzahl der Mühlen war zwischenzeitlich sogar noch etwas höher. Beim Stadtbrand 1571 wurden vier der damals sieben oder acht Mühlen vernichtet.

Und heute? 1988 wurde bei der Stadtplatzsanierung der Stadtbach freigelegt, dessen Verlauf quer über den Stadtplatz heute wieder das Bild Tittmonings prägt, auch wenn die Nutzung heute eine ganz andere ist. 2006 wurde das städtische Wasserkraftwerk in der Wasservorstadt errichtet, seit 2011 wird auch im Ponlach diese Form der erneuerbaren Energie genutzt.

Der freigelegte Stadtbach speist das Wasserkraftwerk in der Wasservorstadt.

Die Wasserkraftnutzung, einer der Grundsteine für die Stadtentwicklung vor achthundert Jahren, kommt also in neuer Form wieder. Die Entwicklung des Tittmoninger Mühlenwesens durch die Jahrhunderte, die über lange Zeit eng mit der Geschichte des Bäckerhandwerks verknüpft war, soll künftig ein Mühlenlehrpfad entlang der Standorte historischer Mühlen dokumentieren. Als transnationales LEADER-Projekt wird das Vorhaben in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Pfarrwerfen verwirklicht, die ihrerseits sieben gut erhaltene Mühlen bei einem Rundgang entlang des dortigen „Mühlbachl“ als Freilichterlebnis präsentiert, das Einblick in die Bedeutung des Getreideanbaus sowie in die Arbeitsweisen und Bräuche rund ums Getreide gibt [https://7muehlen.at].

Wie der Tittmoninger Mühlenlehrpfad genau aussehen wird und wo er verlaufen soll, all das wird sich in der nächsten Zeit entscheiden. Vielleicht besteht langfristig sogar die Möglichkeit, auch in Tittmoning das eine oder andere Mühlrad wieder zu reaktivieren. Die Akteure freuen sich bei der Planung und Vorbereitung des Mühlenrundwegs jedenfalls über Unterstützung aus der Tittmoninger Bevölkerung: Wer alte Fotos, Gemälde oder Karten rund ums Mühlenwesen in Tittmoning besitzt oder eigene Erinnerungen aus alter Zeit beitragen kann, ist herzlich eingeladen, sein Wissen zu teilen – per Anruf, Brief oder E-Mail an die Stadtverwaltung (Tourist Info: 08683/7007-10, anfrage@tittmoning.de) oder an Waltraud Jetz-Deser 08683/7344, jetz-deser@gmx.de.

Dr. Gerda Poschmann-Reichenau

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