Energiekosten und Materialknappheit gefährden das Gewerbe

Energiekosten und Materialknappheit gefährden das Gewerbe

Ukraine-Krieg und China-Lockdown machen der Globalisierung den Garaus

Handwerk, Handel und Gastronomie einer Region werden immer noch von den zahlreichen kleinen, vom Eigentümer selbst geführten Betrieben bestimmt. Deren Abhängigkeit von der nationalen und globalen Politik wird jedoch immer dann besonders spürbar, wenn sich an den Rahmenbedingungen der weltweiten Beziehungen etwas ändert. Die Überzeugung, dass sich ein Weltkrieg aus nationalem Größenwahn niemals wiederholen darf, hat in den letzen 75 Jahren den Welthandel zu einer stabilen Selbstverständlichkeit werden lassen. Auch in Zeiten des „Kalten Krieges“ hat sich am Vertrauen in die friedenstiftende Wirkung des Handels nichts geändert: Wer kauft, den schlägt man nicht!

Zwei Ereignisse haben dieser Selbstverständlichkeit die Grundlage entzogen: die Corona-Pandemie und der Überfall Russlands auf die Ukraine. Beides hat das regionale Gewerbe getroffen wie ein Hagelsturm die Felder. Über Jahrzehnte hat gegolten, dass Spezialisierung rational sei, und dass das Festhalten an autarken Strukturen, also an der Eigenfertigung und dem umfassenden Können der Mitarbeiter, alter Zopf und einfach zu teuer sei. Stattdessen wurden Bauteile dort produziert, wo Löhne und Umweltauflagen niedrig waren und „just-in-time“ in die Industriestaaten geliefert, per Luftfracht, wenn Schiffe zu langsam waren. Energie war billig, Kohle und Öl noch reichlich vorhanden, dass die Rechnung dafür über den Klimawandel kommt, konnte man leicht verdrängen. Dass die Transportwege außer Brennstoff auch Arbeitskraft kosten, war kein Problem, so lange „arme“ Länder das Personal für die Schwerarbeit bereitstellten und nicht in sinnlose Kriege trieben. Innerhalb von zwei Jahren haben sich diese scheinbar rationalen Gewissheiten verflüchtigt. Energie ist plötzlich knapp und teuer. Bauteile fehlen am Markt, weil sie vom Embargo betroffen sind oder auf den Transportwegen im Stau stehen. Arbeitskräfte sind selbst mit Spitzenlöhnen nicht anzuwerben.

„Zeitenwende“ ist angesagt. Von gestern auf heute sollen die Betriebe „energieautark“ werden, also die benötigte Energie umweltfreundlich selbst erzeugen. Nicht mehr in der exzessiven weltweiten Arbeitsteilung liegt das Glück, sondern in der Vielfalt der Lösungen. Nicht mehr von den weltumspannenden Konzernen soll die Rettung kommen, sondern von vielen intelligenten Einzellösungen, deren beste sich irgendwann durchsetzen. Die Zeit dafür haben wir aber nicht. Die Ergebnisse werden sofort gebraucht. Der Landesverband des BdS hat zum „Tag der Energie“ am 23. Mai zu Veranstaltungen zum Thema „Energie im Unternehmen“ eingeladen, bei denen Wege zur Eigenversorgung gezeigt und diskutiert wurden. Das ist ein hoffnungsvoller Ansatz, aber noch lange nicht die Lösung.

Zu Recht kritisieren die politischen Vertreter des Gewerbes die gemeinschädliche Unfähigkeit der Staatsbürokratie und ihre leistungsverhindernde Regelungswut. Aber mehr als Apelle und offene Briefe versenden können sie leider auch nicht. Die Masse der kleinen Betriebe wird wieder einmal die Herkulesarbeit des gesellschaftlichen Umbaus leisten müssen.

Umso erfreulicher ist es, dass im letzten Halbjahr wieder vier Betriebe dem Gewerbeverband Tittmoning und Umgebung beigetreten sind:

Rolf Joachim Kliem
83413 Fridolfing

Marion Lindner
84547 Emmerting

Martin Baumgartner
84508 Burgkirchen

Cafe im Alten Bäckerhaus
Bastian Stadler

84529 Tittmoning

Willkommen im Club der Unentwegten!

Josef Wittmann