Themen aus der Natur, reduziert aufs Wesentliche: zeitlose Schönheit, geschwungene Formen, dynamisch und kraftvoll, aber auch filigran, die Oberflächen seiner Skulpturen eine sinnliche Anregung. Der in St. Radegund lebende Helmut Terörde, als Bildhauer Autodidakt und Quereinsteiger, holt sich seine Anregungen in der Natur. Dabei inspirieren ihn insbesondere die Formen des weiblichen Körpers: „Bildhauerei ist für mich ein Enthüllungsprozess, ein Befreien und Freilegen einer verborgenen Schönheit.“
Geboren ist Helmut Terörde in Wesel am Niederrhein, seine Ausbildung zum Maschinenbautechniker machte er in Duisburg. Beruflich bedingt kam er 1986 nach Bayern, seit 2002 lebt er nur wenige Kilometer von Tittmoning entfernt im österreichischen Sankt Radegund. Wer gelegentlich die Tittmoninger Brücke zu Fuß überquert, hat sicherlich schon die eine oder andere Arbeit von ihm gesehen: Von 2017 bis 2020 nutzte er gemeinsam mit seinem Bildhauerkollegen Erwin Winterleitner das Zollhäusl auf der österreichischen Seite als Atelier und Galerie – im Fenster waren in dieser Zeit einige seiner Skulpturen zu sehen, beispielsweise seine Version der „Lemniscate“. Heute arbeitet er vornehmlich in seiner eigenen Werkstatt im St. Radegunder Gemeindeteil Hadermarkt.
Als er 2013 seine erste Arbeit in Stein schuf, war der Spätberufene bereits 57 Jahre alt. Seit damals hat er sich in zahlreichen Kursen und Workshops, in Schulen und Ateliers in Deutschland, Österreich, Italien und Kroatien u.a. bei Christian Koller, Hermann Böhm und Boutros Romhein das handwerkliche Können zur Steinbearbeitung angeeignet, das es ihm ermöglicht, seine Ideen bildhauerisch umzusetzen. Insbesondere die Teilnahme am Steinhaptikum in Burghausen und Arbeitsaufenthalte auf der kroatischen Insel Brač, wo er mehrere Sommer an der Bildhauer- und Steinmetzschule „Klesarska Skola“ in Pučišca sowie im Atelier Pero Jakšić in Donji Humac verbrachte, halfen ihm, seinen künstlerischen Weg zu finden.
Seit fast zehn Jahren zeigt er seine Werke in Gemeinschafts- und Einzelausstellungen in der Region. Dabei sind die Betrachtenden ausdrücklich auch zum Ertasten und „Begreifen“ seiner Arbeiten eingeladen. „Abstraktion und Haptik“ ist nun auch der Titel seiner ersten Ausstellung in Tittmoning. Skulpturen beschäftigen die Sinne auf vielerlei Weise: „Durch die Schaffung von strukturierten, glatten bis zu samtweichen Oberflächen entsteht ein Spannungsfeld, welches bei Berührung in eine haptische Wahrnehmung mündet“, so der Künstler.
Die Skulpturen aus Marmor, Sandstein, Diabas und Kalkgestein sind den Juni über in der „Alten Waage“ im Rathaus zu sehen. Eröffnet wird die Ausstellung am Freitag, dem 7. Juni, um 19 Uhr. Am nächsten Tag, Samstag, den 8. Juni, gibt es gleich eine Sonderöffnung von 10 bis 16 Uhr, bei welcher der Künstler vor Ort sein wird. Bis einschließlich Freitag, den 5. Juli kann man dann zu den Öffnungszeiten des Rathauses die Kunstwerke als Gesamteindruck, aber auch mit speziellem Interesse an den unterschiedlichen Formen, Materialien und Oberflächen mit Augen und Händen erkunden.
Dr. Gerda Poschmann-Reichenau