Gelungener Auftakt der neuen Reihe.
Zum offenen Bürgergespräch beim Bürgerforum Tittmoning über „Perspektiven einer nachhaltigen Stadtentwicklung“ hatte Bürgermeister Andreas Bratzdrum am 19. September ’22 in den Stadtsaal im ehemaligen Braugasthof geladen. Gut dreißig engagierte Bürgerinnen und Bürger, darunter zahlreiche Stadtratsmitglieder aus allen Fraktionen, nutzten die Gelegenheit zum Dialog mit dem Bürgermeister und einer illustren Runde von Fachleuten.
Zu Gast waren neben Andrea Gebhard vom Landschaftsarchitekturbüro mahl gebhard konzepte auch Barbara Hummel von den Stadtplanern „Hummel/Kraus“, die Tittmoning bei der städtebaulichen Entwicklung begleiten, und Wolfgang Grubwinkler von der Agentur „Identität & Image“, die Tittmoning vier Jahre lang zur Innenstadtbelebung berät.
Das Thema war natürlich zu weit gefasst, um es an einem Abend erschöpfend zu behandeln. Gleich zu Beginn stellte Andreas Bratzdrum klar, Ziel dieser Auftaktveranstaltung sei es, die Themen des Bürgerforums, das künftig etwa vierteljährlich als „Stammtisch“ stattfinden soll, für das erste Jahr anzureißen. „Diese Reihe soll Lust machen, an der Stadtentwicklung mitzuarbeiten“, erklärte er. Man werde zu verschiedenen Einzelthemen eigene Treffen ansetzen, zu denen jeweils Fachleute geladen würden. Er stellte aber zugleich klar, die Entscheidungsbefugnis liege natürlich beim Stadtrat.
Nach den gut besuchten Bürgerworkshops zu Tittmonings Landesgartenschau-Bewerbung, die viele wertvolle Ideen geliefert hätten, solle die neue Veranstaltungsreihe diesen Faden wiederaufnehmen und so „den Schwung aus der Bürgerbeteiligung in die nächsten Jahre mitnehmen“. Das gemeinsame Ziel, die Stadt in ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht „ganzheitlich, nachhaltig und resilient“ weiter zu entwickeln, hätte seines Erachtens mit einer LGS zügiger und besser realisiert werden können. Weiterverfolgt werde es aber auch unabhängig davon. Barbara Hummel konnte das nur unterstreichen: „Sie haben mit diesem Konzept eine wahnsinnig gute Vorarbeit, auf die man wunderbar aufbauen kann. Es wäre Irrsinn, daran nicht weiterzuarbeiten.“
Anpassung an den Klimawandel
Was das bedeuten kann, zeigte Andrea Gebhard vom Büro mahl gebhard konzepte in ihrem Impulsvortrag. Zahlreiche Maßnahmen aus dem unter ihrer Leitung und unter Mitwirkung von Stadtrat und Bürgerschaft erarbeiteten Bewerbungskonzept sind ihrer Meinung nach förderungsfähig mit Blick auf die Anpassung an den Klimawandel. Das Konzept „Wasser verbindet“ liege voll im Trend, der zu Klimaresilienz und Schwammstadt gehe. Für Projekte wie Stadtplatzbegrünung, Aufwertung der Wasservorstadt durch Erholungslandschaft, naturnahen Spielplatz und Gestaltung des Salzachzugangs, hochwasserresilienten Natur- und Freizeitpark in der Salzachau oder Offenlegung und ökologische Aufwertung des Burgfeldgrabens mit Wasserspielplatz und Burgterrasse sieht sie gute Chancen im neuen Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“. Sie empfahl dem Stadtrat, sich hier um Fördermittel zu bewerben, und wurde darin von Frau Hummel unterstützt.
Neben dem hochaktuellen Thema Klima- und Hochwasserschutz nannte der Bürgermeister als weitere mögliche Themen der Reihe Stadtplatz und Parkdeck, Mobilität und Verkehr sowie Innenstadtmanagement und Leerstände. Zu Letzterem unterstrich Wolfgang Grubwinkler, die Frage der Innenstadtbelebung und der Leerstände müsse im Kontext der Verkehrssituation am Stadtplatz gesehen werden: „Der Magnet Stadtplatz muss bespielt werden.“ Einig war man sich, dass der Stadtplatz nicht nur als Wirtschaftsstandort, sondern auch als Wohnort betrachtet werden muss und dass ein Bürgerforum zu diesem Thema idealerweise Gewerbeverband, Einzelhändler, Gastronomen, Stadtfreunde und Anwohner zusammenbringen sollte.
Die anschließende Diskussion im Plenum, an der sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger beteiligten, ergänzte die Themenliste noch um den Punkt „Freiflächengestaltung“. Hierzu gehören die Renaturierung des „Schwarzen Platzes“ (ehemals Klostergarten), von der Sabine Muths in einem engagierten Redebeitrag sagte, „das wäre meine Baustelle“, ebenso wie Mehrgenerationenspielplätze in allen Ortsteilen, für die Stadträtin Maria Kellner warb. Das Bürgergespräch brachte darüber hinaus eine ganze Reihe von Ergänzungen und konkreten Ideen zu den vorgeschlagenen Themen.
Ersatzparkplätze zusätzlich zum Parkdeck?
Den meisten Raum nahm dabei das Thema Stadtplatz/Parkdeck ein. Von der Frage eines Ausstattungs- und Gestaltungskonzepts für den Stadtplatz und die Diskussion möglicher Standorte für Ersatzparkplätze sowie deren fußläufige Anbindung an den Stadtplatz über eine mögliche stärkere Begrenzung der Parkdauer bis zu Fahrradstellplätzen mit Ladesäulen für E-Bikes wurden teils konträre Meinungen ausgetauscht. Stadträtin Ute Sesselmann war nicht alleine mit ihrer Meinung, die mit dem geplanten Parkdeck in der Wasservorstadt neu entstehenden 150 bis 200 Parkplätze würden den Bedarf nicht decken: „Wir brauchen mit Blick auf Veranstaltungen wie Märkte und Konzerte eher 500 neue Stellplätze, wenn künftig das ehemalige Brückner-Gelände nicht mehr zur Verfügung steht.“ Die in der südlichen Wasservorstadt bereits geplanten zusätzlichen Parkplätze gelte es jetzt schnell herzustellen, forderte ihr Stadtratskollege Hans Glück, und Lukas Ostermayer befand mit vergleichendem Blick auf den Karl-Theodor-Platz in Traunstein, der Weg aus der Salzachau zum Stadtplatz sei doch wohl durchaus zumutbar.
Allzu sehr ins Detail sollte es an diesem Abend noch gar nicht gehen, doch die engagierte Diskussion zeigte, dass schon vielfältige Ideen vorliegen. Das Parkplatzthema wird zusammen mit der Stadtplatzgestaltung in jedem Fall im Zentrum des nächsten „Bürgerforums“ stehen. Auch zu den anderen Themen, die dann im Laufe des nächsten Jahres auf der Tagesordnung stehen sollen, wurden bereits Präzisierungen und Ergänzungen eingebracht: Bernhard Schmied betonte die Bedeutung von Radwegverbindungen zwischen den einzelnen Ortsteilen beim Thema Mobilität, Christian Günther mahnte zur Innenstadtbelebung auch ein Beleuchtungskonzept für den Stadtplatz an und fand dafür Unterstützung bei Barbara Hummel, Adrienne Baumann fragte nach Möglichkeiten für eine Verschönerung der teils verwahrlosten Seitengassen in der Altstadt.
Nach eineinhalb angeregten Stunden verabschiedete Bürgermeister Andreas Bratzdrum die Anwesenden mit Dank für die rege Beteiligung und der Bitte, beim nächsten Bürgerforum in Tittmoning wieder dabei zu sein. Der Termin wird rechtzeitig in der Presse angekündigt. Wer per E-Mail informiert werden möchte, kann diesen Wunsch unter veranstaltungen@tittmoning.de anmelden.