Ortsschild Fairdtrade Stadt Tittmoning
Ortsschild Fairdtrade Stadt Tittmoning

Jubiläum: 10 Jahre Fairtrade-Stadt Tittmoning

Am 26. Juli jährt sich die feierliche Ernennung Tittmonings zur Fairtrade-Stadt zum zehnten Mal. Die Verleihung dieses Titels erfolgte damals beim Stadtfest 2014. Seither hat die Stadt die Titelverlängerung fünfmal erfolgreich beantragt. Das 10jährige Jubiläum der Siegelverleihung wird heuer mit einem ökumenischen Gottesdienst am Donnerstag, dem 25. Juli, und beim Stadtfest am Samstag, dem 27. Juli, gefeiert.

2014: Titelverleihung am Stadtfest

Fairtrade-Stadt wird man, indem man nachweislich fünf Kriterien erfüllt. Man bleibt es nur, wenn man alle zwei Jahre nachweist, dass man diesen Anforderungen nach wie vor nachkommt. Erforderlich ist neben dem Stadtratsbeschluss zur Unterstützung des fairen Handels inklusive der Verpflichtung zum Ausschank von Getränken aus fairem Handel bei Sitzungen im Rathaus die Einrichtung und kontinuierliche Arbeit einer Steuerungsgruppe, welche die Fairtrade-Aktivitäten für die Stadt koordiniert. Eine gewisse Zahl an „Akteuren“ aus Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft muss sich beteiligen. Lokale Einzelhandelsgeschäfte und Floristen sowie Cafés und Restaurants sollen verschiedene Produkte aus fairem Handel führen, Schulen, Vereine und Kirchengemeinden Informations- und Bildungsaktivitäten zum fairen Handel umsetzen und fair gehandelte Produkte verwenden bzw. anbieten. Wichtig sind auch kontinuierliche Aktivitäten in der Öffentlichkeitsarbeit, so dass die Bürgerinnen und Bürger gut informiert sind.

Die Tittmoninger Steuerungsgruppe, die auch heute noch zum größten Teil aus den Initiatorinnen und Initiatoren von 2014 besteht, und der hiesige Eine-Welt-Laden arbeiten Jahr für Jahr daran – mit Aktionen bei den Tittmoninger Märkten, mit der Gestaltung der Schaufenster in der Hartlgasse und Presseartikeln, im Gespräch mit den örtlichen Vereinen, Bildungseinrichtungen, Gastronomen und Einzelhändlern sowie mit der Organisation von öffentlichen Vorträgen, Netzwerkarbeit und Initiativen etwa zum Valentinstag oder dem Fairen Adventskalender. Auch die regionale und überregionale Vernetzung ist wichtig: Derzeit unterstützt die Tittmoninger Steuerungsgruppe die Zukunftsregion Rupertiwinkel bei ihren Bemühungen darum, Fairtrade-Region zu werden.

Eine Welt Laden im Pfarrheim Tittmoning
Eine Welt Laden Anno Dazumal im Pfarrheim Tittmoning

Die Anfänge des Fairen Handels in Tittmoning reichen zurück bis 1995 (siehe SR April 2020), die Initiative kam damals aus der katholischen Pfarrgemeinde und von der Kolpingsfamilie Tittmoning, insbesondere von Agnes Leuschner. Was mit dem Verkauf von Fair-Trade-Produkten beim Weihnachtsbazar des Katholischen Frauenbunds im Pfarrheim begann, mündete 2002 in die Einrichtung des bis heute von Ehrenamtlichen des Eine-Welt-Arbeitskreises der Kolpingsfamilie betriebenen Eine-Welt-Ladens in der Stiftsgasse, den die Pfarrei St. Laurentius dafür mietfrei zur Verfügung stellt. Anträge der Ökoliste und der SPD führten im Januar 2014 zum Beschluss des damaligen Stadtrats, sich um diesen Titel zu bewerben.

Seit der damalige Bürgermeister Konrad Schupfner beim Stadtfest 2014 das Faitrtrade-Siegel entgegengenommen hat, bekennt sich die Stadt Tittmoning offiziell zum fairen Handel – als erste Kommune im Landkreis Traunstein. Inzwischen sind Fridolfing (2015), Traunstein (2017), Traunreut (2018) und Trostberg (2019) gefolgt, Siegsdorf steht ebenso wie Kirchanschöring derzeit noch im Bewerbungsprozess, Waging bereitet ihn vor. In Tittmoning besteht der Kern der Aktiven mit Gertraud Nachbichler, Monika Lechner, Norbert Köpferl, Rosemarie Rahn und Anita Lex nach wie vor aus Mitgliedern der Kolpingsfamilie und Aktiven aus der Eine-Welt-Arbeit. Durch die Bewerbung zur Fairtrade-Stadt sind aber auch Akteure aus anderen Bereichen hinzugekommen, die Bewegung steht seither auf einem breiteren Fundament. Aus den Reihen des Stadtrats arbeitet Hans Glück in der Steuerungsgruppe mit, die Verbindung zur evangelischen Kirche hält Antje Dreier. Für die Stadtverwaltung koordiniert Gerda Poschmann-Reichenau die Fairtrade-Aktivitäten. Adrienne Baumann, die auch in der Flüchtlingshilfe aktiv ist, kam über den Eine-Welt-Laden dazu. Vor allem aber ist die Tittmoninger Grundschule seit 2015 Fairtrade-Schule und sorgt dafür, dass der Fair­trade-Gedanke auch im Alltag der Kinder seinen Platz hat.

Die öffentliche Beschaffung umzustellen, ist ein langwieriger Prozess, den Tittmoning gemeinsam mit den anderen ILE-Gemeinden der Zukunftsregion Rupertiwinkel geht. Auf einer gemeinsamen Beschaffungsplattform soll die Nachhaltigkeit der in der kommunalen Verwaltung und Infrastruktur verwendeten Produkte nach und nach selbstverständlich werden. Mit einzelnen Produkten insbesondere im Textilbereich (Sää- und Schul-T-Shirts, Kuscheltuch-Störche für Neugeborene), bei Giveaways und Geschenkkörben sowie in der Küche des Hauses für Kinder, wo frisch, bio, regional und fair eingekauft wird, hat die Stadt aber immer wieder Akzente gesetzt und will es weiter tun.

Einige Tittmoninger Betriebe engagieren sich vorbildlich: Im örtlichen EDEKA-Markt gibt es ein eigenes Regal mit Fairtrade-Produkten. Schmuck Prestel nahm 2017 Trauringe aus Fair­trade-Gold in sein Sortiment auf, Steinmetz Stefan Kellendorfer verarbeitet nur Steine, die als „frei von Kinderarbeit“ zertifiziert sind. Bereits 2015 besuchte die Steuerungsgruppe die Kantine der Firma Kraiburg, wo für die Mitarbeitenden ganz selbstverständlich Kaffee aus fairem Handel ausgeschenkt wird. Das Engagement in diesem Bereich baut der Betrieb stetig aus. Auch die Kayer Firma Schechtl bezieht ihren Kaffee regelmäßig aus dem Eine-Welt-Laden. Die örtlichen Vereine sind ebenfalls eine wichtige Stütze: Bei ihren Festen hat der Fairtrade-Kaffe seinen festen Platz, und auch die Geschenkkörbe zu Jubiläen werden meist „bio & fair“ bestückt. Das Engagement der beiden Fußballvereine, die für ihre Jugend Bälle aus fairem Handel verwenden, wird an der Fairtrade-Bandenwerbung sichtbar. Im Bereich der Gastronomie haben insbesondere die Neueröffnungen der letzten Jahre (Wildfang am Leitgeringer See, Burgcafé) neuen Schwung gebracht.

Im Sinne der Nachhaltigkeit wird Fairtrade längst nicht mehr isoliert gedacht, die Formel lautet „bio – regional – fair“. Wo immer möglich, sollte man natürlich regionalen Produkten aus Bio-Anbau den Vorzug geben. Was aber nicht aus heimischem Anbau bezogen werden kann – klassische Beispiele sind Bananen, Kaffee, Kakao und Baumwolle – sollte ein Fairtrade-Siegel tragen. „Ob bio oder fair oder beides: Mit unserem Konsumverhalten können wir dafür sorgen, dass ausbeuterische und umweltschädliche Produktionsbedingungen irgendwann der Vergangenheit angehören und Nachhaltigkeit bei Produktion und Handel selbstverständlich mitgedacht werden“, ist Gertraud Nachbichler überzeugt.

Die Arbeit der Steuerungsgruppe zieht immer weitere Kreise. Bei der erfolgreichen Bewerbung Tittmonings zur Bayerischen Eine-Welt-Kommune 2022 bündelte sie alle örtlichen Initiativen für eine gerechtere Welt von kleinen Vereinen und Initiativen bis zur Fairtrade-Schule. Ein bleibendes Zeichen dafür ist der 2023 gepflanzte Eine-Welt-Baum am Stadtgraben vor dem Laufener Tor. Sichtbar wurde das gemeinsame Engagement auch in der Eine-Welt-Meile beim letzten Stadtfest, wo der Verein „Für Kinder in Kenia“ neben dem Tittmoninger Helferkreis und der örtliche Eine-Welt-Laden neben der evangelischen Gemeinde mit ihrem Partnerschaftsprojekt in Tansania vertreten waren.

Das diesjährige Stadtfest steht insgesamt im Zeichen des Jubiläums „10 Jahre Fairtrade-Stadt“. Der Einsatz für Fairen Handel wird jetzt in den großen Rahmen der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele eingeschrieben, welche die Vereinten Nationen als Agenda 2030 bereits 2015 weltweit beschlossen haben. Gemeinsam mit dem Haus für Kinder, das die Eröffnungsparade gestaltet, und mit Unterstützung des Bürgermeisters will die Steuerungsgruppe das Jubiläum dazu nutzen, diese Ziele in der Stadt bekannter zu machen. Viele davon werden durch fairen Handel unmittelbar unterstützt: Er bekämpft wirksam Hunger, Armut und Ungleichheit, sorgt für die Durchsetzung von Menschenwürde und Geschlechtergleichheit und stärkt Klimaschutz sowie friedliche und partnerschaftliche Beziehungen weltweit.

Die Fairtrade-Stadt Tittmoning blickt zum Jubiläum zurück auf zehn aktive Jahre, in denen sie viel bewegt hat. Eine Ausstellung in der Alten Waage im Rathaus, die ab Ende Juli geöffnet ist, wird diese Aktivitäten dokumentieren. Sie blickt aber auch voraus in eine Zukunft, in der es noch viel zu tun gibt. Neue Mitwirkende – ob Einzelpersonen in der Steuerungsgruppe oder Betriebe aus Einzelhandel und Gastronomie, Vereine oder andere Gruppen als neue Akteure der Fairtrade-Stadt – sind herzlich willkommen.

Kontakt:
Gerda Poschmann-Reichenau,
Stadt Tittmoning,
Tel. 08683/7007-31
gerda.poschmann@tittmoning.de
Gertraud Nachbichler,
Tel. 08683/809580
gertraud.nachbichler@t-online.degp

Dr. Gerda Poschmann-Reichenau