Gummiwerk KRAIBURG STRAIL

Gleis + Straße = Zukunft

Wie STRAIL mit bewährter Technik Weltmarktführer wurde

Das Verwaltungsgebäude von KRAIBURG STRAIL ist das höchste im Gewerbegebiet südlich der Altstadt und wirbt mit frischen Farben um Aufmerksamkeit. „Aber trotzdem“, klagt Geschäftsführer Günther Wagner, „nehmen uns viele Leute nicht wahr“. Das liegt an der Geschichte. Das „Gummiwerk“ ist ein Traditionsbetrieb in Tittmoning; einer der ersten, die den Neustart ins Wirtschaftswunder der jungen Bundesrepublik gewagt haben. Kein Wunder, dass mit dem „Duft der großen weiten Welt“ eher die Matten für die Landwirtschaft des Schwesterunternehmens verbunden werden als die High-Tech-Produkte für Bahnübergänge, Kunststoffschwellen oder den Lärmschutz.

Tatsächlich ist die technische Grundlage für die verschiedenen Produktlinien der beiden KRAIBURG-Betriebe nahezu identisch. Aus dem Altreifen-Recycling entstand ein frühes Modell der Kreislaufwirtschaft, lang bevor der Begriff Nachhaltigkeit geprägt wurde. Die bewährte Basistechnik ist die Vulkanisation, 1839 von Charles Goodyear erfunden: Die Erzeugung von Gummi aus Naturkautschuk oder synthetischen Elastomeren unter Verwendung schwefelhaltiger Chemikalien. Sie verleiht Gummi seine Elastizität, seine Formbarkeit, seine Verwendbarkeit in allen Industrien und seine Wetterbeständigkeit, die ihn zum unverzichtbaren Baustoff macht. Natürlich auch seinen unverwechselbaren Geruch, den die Nachbarn in den anschließenden Wohngebieten gelegentlich wahrnehmen können. Bedenkt man die verarbeiteten Massen – STRAIL verarbeitet alleine jährlich 14.000 Tonnen Recycling-Granulat, die aus ca. 1,6 Millionen Altreifen und anderen Industrieprodukten stammen – so kann man ermessen, wie gut die Filteranlagen des Vulkanisierwerks funktionieren.

Für den Erfolg eines Industrieprodukts ist die Qualität des Grundstoffs wichtig, aber die Anpassung an den Bedarf entscheidend. Ältere Autofahrer erinnern sich an Bahnübergänge, bei denen das Straßenniveau mit Holz- oder Betonschwellen und Bitumenkeilen an die Schienenhöhe angeglichen wurde. Man konnte sie nur im Schritt-Tempo überwinden und sie waren ständig reparaturbedürftig. Die Idee für den Bahnübergang aus Gummi entstand in Industrie- und Hafenanlagen, wo hunderte von Bahngleisen täglich mit schwerbeladenen LKW überquert werden müssen. Gummi war durch seine unverwüstliche Dauerelastizität, seine Wetterbeständigkeit und Haltbarkeit allen anderen Materialien überlegen. STRAIL verstand, was die Bauelemente können mussten. Der Bahnübergang muss in kurzer Bauzeit aus vorgefertigten Einzelelementen montiert werden können, die Elemente müssen ohne zu kippeln stabil miteinander verbunden sein, sie dürfen sich unter Bremsbelastung nicht verschieben, sie müssen Gleisradien ausgleichen können, die Fuge am Schienenkopf muss groß genug sein, um dem Spurkranz des Eisenrades Platz zu lassen, aber so klein als möglich, um dem Reifen des Straßenfahrzeugs nur minimalen Widerstand zu leisten.

Die Lösung war ein Baukastensystem ähnlich dem Lego-Stein, und so wie beim Lego war der Pfiff an der Sache, dass man das Grundelement durch intelligente Zusätze an die Erfordernisse des jeweiligen Übergangs anpassen konnte. So wurde ‚pontiSTRAIL‘ erfunden, die Rampe, die sich flexibel an die Gleishöhe anpasst und nach Arbeiten am Schotterbett den Übergang mit denselben Elementen möglich macht. So wurde ‚veloSTRAIL‘ geschaffen, bei dem ein elastisches Hohlelement, das beim Überfahren vom Spurkranz niedergedrückt wird, anschließend wieder in sein ursprüngliches Volumen zurückfedert und Fahrräder, Rollstühle und Kinderwagen (fugenlos) sicher über die Gleise bringt. Und so stellt die gelebte Praxis ständig neue Aufgaben, die von einem technisch versierten, aber vor allem engagiert mitdenkenden Personal angenommen und gelöst werden.

STRAIL Bahnübergang
Ohne STRAIL Bahnübergänge würde hier was fehlen
STRAILastic Schallschutzsysteme
STRAILastic Schallschutzsystem bei Ostermieting
STRAILway Kunststoffschwellen
STRAILway Kunststoffschwellen

Wo kommt so ein Personal her? Da muss Günther Wagner ein wenig ausholen. „Die KRAIBURG-Gruppe ist ein Familienunternehmen. Wir werden nicht von anonymen Investoren zu Höchstrenditen getrieben. Deswegen können sich Leute im Betrieb entwickeln und aus einer soliden Berufsbildung heraus zu hoch spezialisierten Fachleuten werden. Wir pflegen ein Betriebsklima, das auf langfristige Zusammenarbeit setzt. Die Vorzüge eines Industriezweigs mit außergewöhnlich guten tariflichen Leistungen lernen viele erst nach Jahren schätzen, aber die kleinen Annehmlichkeiten – Milchgetränke und frisches Obst kostenlos für alle, oder die gut geführte Betriebskantine – wirken sofort. So kommen neue Bewerber meist durch persönliche Empfehlung. Auf Stellenangebote in der Zeitung meldet sich kaum jemand. ‚STRAIL‘ ist nicht in den Köpfen. ‚Partner der Bahn‘ klingt nicht nach Zukunftstechnologie. Das ist unser Problem.“

Die Eisenbahn, Pioniertechnologie des 19. Jahrhunderts, ist im vorigen Jahrhundert vom Auto und vom Flugzeug überholt, ja geradezu abgehängt worden. Aber sie kommt als „grüne“ Alternative wieder hervor. Die Rettung des Klimas ist mit Dieselruß und mit dem Verbrennen von Kerosin in der Stratosphäre nicht möglich. Die Bahn muss sich neu erfinden, um wieder eine Rolle zu spielen. Und zwar auf der ganzen Welt. Man muss nicht in die Kristallkugel schauen, um zu verstehen, dass die Renaissance der Bahn bereits begonnen hat und sich zu einem starken Trend auswachsen wird. Das ist für STRAIL eine glänzende Aussicht (wenn der Goldrausch kommt, bietet der schlaue Kaufmann Spaten und Siebe an).

Josef Wittmann