Die Ausstellung „Free Again!“ erinnert an ein dunkles Kapitel unserer Lokalgeschichte und hat dabei vor allem die einzelnen Menschen und ihre Schicksale im Blick. Vom erlösenden Moment der Befreiung vor 80 Jahren blickt sie zurück auf schlimmes Leid, aber auch auf Überlebensstrategien wie den Zusammenhalt der Gefangenen, die in der Kunst, beim Schreiben und Malen, beim gemeinsamen Musik- und Theatermachen für Momente ihrer erdrückenden Situation entkommen, ihre Muttersprache und ihre Kultur pflegen und sich so zumindest innerlich befreien konnten.
In Lagerzeitungen, Briefen und Tagebüchern fassten die Inhaftierten ihren Alltag und ihre Träume in Worte. Mit Pinsel und Stiften, verschiedenen Instrumenten oder beim Theaterspielen retteten sie sich über diese schwere Zeit. Das Rahmenprogramm in der Burg orientiert sich an den künstlerischen Aktivitäten der Kriegsgefangenen damals. Und es feiert die Freiheit und die Freude, das Leben und die Kunst, die in schweren Zeiten für viele Menschen ein Hoffnungsschimmer ist, der überleben hilft – bis heute!
In Tittmoning gemalt
Das Bildmotiv fürs Ausstellungsplakat ist ein Gemälde, das der aus Surinam stammende amerikanische Staatsangehörige Josef Nassy (1904 – 1976) in Tittmoning gemalt hat. Nassy hatte in Brüssel Kunst studiert und eine Belgierin geheiratet. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs blieb er in Belgien, auch, als das Land 1940 von den Nazis besetzt wurde. Vier Monate nach Amerikas Kriegseintritt, im April 1942, wurde er verhaftet und gehörte zu den ca. 2.000 Zivilisten mit amerikanischem Pass, die in deutschen Internierungslagern festgehalten wurden: Nach sieben Monaten in einem belgischen Lager wurde er nach Deutschland gebracht und landete in Tittmoning.
Von seiner dreijährigen Gefangenschaft zeugt ein „visuelles Tagebuch“ aus mehr als 200 Gemälden und Zeichnungen. Das zum Plakatmotiv gewählte Gemälde, das Gefangene beim Hofgang im Burghof vor der charakteristischen Silhouette des „Troadkastens“ zeigt, befindet sich heute im United States Holocaust Memorial Museum in Washington DC.
Im Lager geschrieben
Beim Leseabend „Sentimental Journey“ am Freitag, den 30. Mai im Salzburger Saal bringt der in England ausgebildete deutsche Schauspieler und Regisseur Peter Arp (Salzburg) Gedichte zu Gehör, die in den Kriegsjahren in der englischsprachigen Lagerzeitung „The Quill“ (Die Feder) veröffentlicht wurden. In dieser Zeitung, die von britischen Offizieren im hessischen Lager Elbersdorf gegen die Monotonie des Lagerlebens initiiert wurde und zu der jeder Kriegsgefangene entsprechend seiner Begabung etwas beitragen konnte, kamen auch Briten zu Wort, die in Tittmoning und Laufen inhaftiert waren.
Dazu erklingt Jazz der 1930er Jahre mit Werner Vitzthumecker, Sepp Wastlhuber und Peter Müller: Die Jazzmusik, die in den „Goldenen Zwanzigern“ der Weimarer Republik auch Deutschland erobert hatte, ist mit ihrer Spontaneität, Improvisation und Individualität ein Inbegriff der Freiheit, und damit der nationalsozialistischen Ideologie diametral entgegengesetzt. Jazz war im NS-Deutschland als „fremdländische“ und „entartete“ Musik immer wieder Repressalien, Ausgrenzungen, Diffamierungen und Verboten ausgesetzt, zumal seine Wurzeln in Afrika liegen und viele namhafte Jazzmusiker zudem jüdischer Herkunft waren.
Der Jazz hat das „Tausendjährige Reich“ zum Glück um viele Jahrzehnte überlebt. Ausgerechnet in den Internierungslagern fand der Jazz im Nazideutschland eine Nische: als Bestandteil einer geduldeten Lagerkultur, aber auch zur Unterhaltung des NS-Personals. Jazz war für die Musiker eine Form des Widerstands, schrieb der Saxophonist Miroslav Hejtmar über seine Auftritte mit dem Buchenwalder Jazzorchester „Rhythmus“t: „Musik, die als ‚rassisch unrein‘ im Dritten Reich streng verboten war, wurde im Konzentrationslager vor einem so internationalen Publikum gespielt, wie es sich sonst nicht zusammenfinden konnte. Und all diese Zuhörer verstanden, worum es ging. Die SS-Leute aber begriffen nicht.“
Werner Vitzthumecker hat mit seinem Jazz-Trio für diesen Abend ein Programm aus Titeln von damals in Tittmoning internierten Jazz-Größen wie Freddy Johnson, Henry Crowder und anderen erarbeitet. Die Musik verbindet sich mit den von Peter Arp vorgetragenen Gedichten zu einem Erinnerungsabend der besonderen Art, einer Hommage an die Freiheit.
In der Burg gespielt
Einen Tanzabend im Stil der großen BigBands der Zeit bringt die WACKER-BigBand am Samstag, dem 28. Juni, ab 20 Uhr in den Burghof – und das zum Nulltarif! Spenden werden aber gerne entgegengenommen, sie werden einem guten Zweck zugeführt.
Der 16köpfige „Ableger“ der WACKER-Werkkapelle ist mit vier Saxophonen, vier Trompeten und drei Posaunen sowie einer Rhythmusgruppe (Schlagzeug, Bass, Piano, Gitarre) besetzt, dazu kommt der Leiter Christian Kremser an der Lead-Klarinette und am Bariton-Saxophon. Gespielt werden Tanz-Standards Im Stil von Hugo Strasser, Max Greger, Glenn Miller, Ambros Seelos, Herb Alpert und Benny Goodman. Die Bandbreite reicht vom Slow Waltz bis zum Charleston, vom Wiener Walzer bis zu Jive, Tango und Foxtrott, Rumba, ChaChaCha, Quickstep… alles, was man so im Standard-Tanzkurs lernt. Mit dabei ist auch der ein oder andere Swing-Titel. Locker, leger und trotzdem fetzig soll es hergehen. Kurzum: Ein langer Abend zum ausgelassenen Tanzen – im Burghof wird dazu ein Tanzboden ausgelegt. Gespielt wird „unplugged“, also ohne Verstärkeranlage, was für eine intime Atmosphäre sorgt. Auch, wer nur von einem der Tischchen aus zuhören mag, ist herzlich willkommen. Für die Bewirtung sorgt in gewohnt erstklassiger Qualität das Burgcafé.

Bis zum Ende der Ausstellungssaison Anfang Oktober gibt es noch zwei weitere hochkarätige Veranstaltungen in dieser Reihe, über die wir weiter berichten werden:
19.7. William Shakespeare: Much Ado About Nothing – Theater in englischer Sprache
6.9. RAT Big Band:
A Tribute to Glenn Miller
Dr. Gerda Poschmann-Reichenau