Nicht ganz koscher – Szene am Lagerfeuer

„Kulturadvent“ wird zum Burg-Event

Film, Literatur und Musik aus der Region in Tittmoning – Teilerlös fließt in soziale Projekte

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Und zwar das der Burg zu Tittmoning. Im Fürstenstock, einem altehrwürdige Saal im Obergeschoß des mittelalterlichen Gemäuers, geben sich an vier Terminen regionale Künstler und Kulturschaffende aus Film, Literatur und Musik die Klinke in die Hand. Auftakt ist am Sonntag, 27. November, mit einem besonderen Filmabend. Gezeigt wird die mehrfach prämierte Flüchtlings-Dokumentation „The Game – Spiel zwischen Leben und Tod“ der Trostberger Regisseurin Manuela Federl. Der rund 90-minütige Film gibt einen Einblick in das dramatische, beinharte und würdelose Leben von geflüchteten Menschen an der bosnisch-kroatischen Grenze. Mit dem „Kulturadvent“-Projekt, das heuer erstmals auf der Burg stattfinden wird, soll regionalen Künstlern und Kulturschaffenden eine Bühne gegeben, und dabei Spenden für soziale Zwecke gesammelt werden.

THE-GAME-Kulturadvent
Flüchtlingsdokumentation „The Game – Spiel zwischen Leben und Tod“

Die Journalistin und Filmemacherin Manuela Federl wird in Tittmoning selbst vor Ort sein und bei einem Podiumsgespräch von ihren persönlichen Eindrücken in Bosnien, Lesbos oder mittlerweile auch der Ukraine berichten. Ebenso wird ein Gesprächspartner als Überraschungsgast erwartet, der über die berüchtigte Balkanroute geflohen ist und nun in Deutschland lebt und arbeitet.

Nikolaus Wolf „vereint den Geist der britischen 60er Jahre mit zeitgemäßen Folk-Interpretationen“, schrieb das Popkultur-Magazin „Intro“ einmal. Der Inzeller Michi Rieder tourt derzeit mit seinem Bandprojekt „Nikolaus Wolf“ – den Namen hat er sich von seinem Uropa stibitzt – durch die Lande. Stop auf der Burg legt er am Donnerstag, 8. Dezember, ein – im Gepäck: Gitarre, Piano und Songs, die nicht nur ans Herz gehen, sondern direkt von da kommen. Im Anschluss gibt es Gelegenheit für das Publikum, mit dem Musiker in den Austausch zu treten oder einfach dem Podiumsgespräch zu lauschen.

Nikolaus Wolf, Songs mit Gitarre und Piano die ans Herz gehen
Nikolaus Wolf, Songs mit Gitarre und Piano die ans Herz gehen

„Treffen sich ein Jude und ein Beduine in der Wüste“: Begannen so im vorherigen Jahrhundert meist klischeebehaftete, teils rassistische Witze, ist es hier die gröbst-mögliche Form der Zusammenfassung des Films „Nicht ganz koscher – No Name Restaurant“, welcher am Sonntag, 11. Dezember, auf der Burg gezeigt wird. Der komödiantische Roadmovie von Stefan Sarrazin und Peter Koch wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnet. Er gewann den Bayerischen Filmpreis sowie den Deutschen Drehbuchpreis.

„Nicht ganz koscher – No Name Restaurant“ – komödiantisches Roadmovie von Stefan Sarrazin und Peter Koch

In die Wüste geschickt hat sich Ben (Luzer Twersky) glatt selbst. Um den Verkuppelungsversuchen seiner Familie zu entgehen, bietet sich der ultraorthodoxe Jude aus Brooklyn kurzerhand an, nach Alexandria zu fliegen, um die einst größte jüdische Gemeinde der Welt zu retten. Die braucht nämlich dringend den zehnten Mann, um das anstehende Pessachfest zu feiern. Als er jedoch mitten in der Wüste Sinai aus dem Bus fliegt, ist Adel (Haitham Omari), ein mürrischer Beduine auf der Suche nach seinem entlaufenen Kamel, seine letzte Hoffnung. Das Regie-Duo verbrachte 40 Tage in der Wüste Sinai, fand erst in New York den richtigen Hauptdarsteller und stand mehrmals in knapp 15 Jahren Produktionszeit kurz vor dem Aus. Zum Filmabend auf der Burg in Tittmoning hat sich auch Regisseur Peter Keller angekündigt, der auf der Bühne über diese 15 Jahre sprechen wird und sich gerne den Fragen des Publikums stellt.

„Falco“: Über Freundschaft, Rausch der Jugend – und Tod. Gehören „Out Of The Dark“ oder „Der Kommissar“ nicht auch irgendwie zur Weltliteratur? Hansi Hölzl alias Falco hätte diese Frage sicherlich mit einem klaren Ja beantwortet – wenn er den literarischen Abend am 15. Dezember auf der Burg hätte besuchen können. Eine Lesung muss nicht fad, nicht verkopft oder spießig in ein elitäres Korsett gekleidet sein. Wer gute Hörbücher kennt, der weiß: wenn ein Leseexperte, ein guter Synchronsprecher oder Schauspieler mit Inbrunst den vor sich liegenden Text nicht spielt, sondern zu ihm wird – dann entstehen Welten auch im Kopf des Hörers. Schauspieler und Regisseur Max Berger aus Surberg ist eben jemand, der fesseln, mitreißen, den Zuhörer mit in die Geschichte hineinziehen möchte.
Berger liest aus ausgewählten Texten der Weltliteratur; von zeitlos Großem aus der Feder von Kafka, Hesse, Dostojewski oder Camus bis hin zu Titel wie „Der kleine Prinz“, „Momo“ und „Im Westen Nichts Neues“. Doch nicht nur das: Berger schnappt sich das druckfrische Werk des Traunsteiner Autors Bernhard Straßer, Titel: „Falko“. Eine Geschichte über eine beste Jungs-Freundschaft, den Rausch der Jugend – und den Tod. Mittendrin und im Anschluss findet ein Künstler- und Autorengespräch mit Berger und Straßer statt.

Beginn ist an jedem Abend um 20 Uhr, Einlass und Abendkasse ab 19 Uhr. Reservierungen sind vorerst per E-Mail an burg-kulturadvent@web.de und im Burgcafé Tittmoning möglich.

Das Programm kompakt:
• Sonntag, 27. November: „The Game – Spiel zwischen Leben und Tod“, Filmabend mit Regie-Gespräch.
• Donnerstag, 8. Dezember: Nikolaus Wolf – Unplugged & Piano, Live-Konzert mit Künstler-Gespräch.
• Sonntag, 11. Dezember: „Nicht ganz koscher – No Name Restaurant“, Filmabend mit Regie-Gespräch.
• Donnerstag, 15. Dezember: „Falko“ und die Weltliteratur, Szenische und theatralische Lesung mit Autorengespräch.

„Ticketpreis ist transparent, Karten limitiert“:

Der Preis für ein „Kulturadvent“-Ticket beträgt 14 Euro. Den Organisatoren um Veranstalter Ralf Enzensberger ist es dabei ein Anliegen, dass die Preisfindung absolut transparent und nachvollziehbar ist.
Acht Euro gehen demnach an den Künstler, vier landen im Spendentopf – und zwei Euro braucht es, um übrige Kosten zu decken. Bleibt etwas übrig, landet es in den Rücklagen für kommende Veranstaltungen auf der Burg und der Region. „Eine Kinokarte kostet etwa genauso viel, oder zwei Döner mit Käse. Qualitativ hohe Kleinkunst muss uns das wert sein, dafür wollen wir sensibilisieren. Letztlich bin ich aber auch der Überzeugung, dass jeder Abend sein Geld wert ist – manchmal vielleicht sogar damit gar nicht wirklich aufgewogen werden kann“, so Enzensberger, der das Ziel des Kleinkunst-Projekts so zusammenfasst: „Es gilt, den Spagat zu schaffen, einen unvergesslichen Abend für das Publikum auf die Beine zu stellen, den Künstlern aus der Region eine Bühne zu geben, dabei fair zu entlohnen – und nebenbei noch Geld für Menschen oder Institutionen sammeln, die es dringend brauchen.“
Selbstverständlich gebe es auch die Möglichkeit, zusätzlich zum Ticketpreis den Spendentopf aufzufüllen. Pro Veranstaltung werden maximal 40 Tickets verkauft. Das liege primär an den Sicherheitsbestimmungen des Saals. „Wir hätten das Kontingent aber so oder so gedeckelt. Die Abende sollen einen gemütlich-besinnlichen Charakter haben, keine überfüllte, laute Atmosphäre“, befand Enzensberger. Und etwas Exklusivität, so der Journalist und Moderator, habe in der Kleinkunst noch nie geschadet.