Fotoausstellung im Zollhäusl

Ausstellung Fotos von Luise Wittmann im Zollhäusl
Ausstellung Fotos von Luise Wittmann im Zollhäusl

Mosaikbilder im Bildermosaik: Auf Metallplatten über- und nebeneinander gepinnte Fotos werden auf der Rückwand miteinander in Bezug gesetzt

Luise Wittmanns gesammelte Nebensachen aus der „Bilderdeponie“

Am vergangenen Freitag hat Luise Wittmann eine Fotoausstellung eigener Bilder in ihrer Tittmoninger Galerie im Zollhäusl eröffnet. Die eigenwillige Sammlung aus Bildern von Kanaldeckeln und Trödler-Auslagen, Industriebauten, Zweirädern und anderen Alltagsobjekten kann man noch am kommenden Wochenende freitags bis sonntags jeweils von 16 bis 19 Uhr sehen.

Den Titel „Klick“ interpretierte ihr Mann Josef Wittmann in seinen einführenden Worten als den Moment des Erkennens und Verstehens beim Betrachten des scheinbar Alltäglich-Nebensächlichen. Als Geräusch der mechanischen Kamerablende beim Drücken des Auslösers nämlich sei das „Klick“ seit Erfindung der digitalen Fotografie natürlich obsolet.

Auch die Bilder dieser Ausstellung sind Smartphone-Bilder, nicht nachbearbeitet und ohne Anspruch auf künstlerisch ausgefeilte Komposition oder Belichtung. Die Motive sind zufällig gefundene Details, Wirklichkeitsausschnitte aus Europa: Auslagen einiger aus der Zeit gefallener Trödelläden in Venedig mit alten Porzellansicherungen und verstaubten Wasserrohren; trostlose Gebäudekomplexe aus dem Wiener Hafen und der benachbarte Friedhof der Namenlosen, der beinahe der Hafenerweiterung hätte weichen müssen; die knallrote Leih-Fahrradflotte Barcelonas; rostige Stacheldrahtrollen. Es gibt Variationen des Blicks nach unten aufs Straßenpflaster mit Kanaldeckeln und -gittern, Asphalt, Stolpersteinen und den unvermeidlichen Zigarettenkippen; und nach oben auf baufällige Fensterlaibungen und verblasste, abblätternde Schilder. Die Fotos fangen den Charme des Verfalls ein, die Besonderheit des Nebensächlichen und die Faszination kruder Kontraste, machen den Blick der Fotografin für den Betrachtenden zugänglich. „Es geht nicht um das Objekt, sondern um den Moment, in dem ein Gegenstand in Verbindung zum Leben tritt. Eine Form der Poesie also: die Beziehung des Lebens als endlicher Mensch mit der unvergänglichen Existenz der Sache“, so Josef Wittmann.

Die eigentliche Arbeit lag dann wohl auch in der Auswahl der Bilder aus dem riesigen Archiv der „Bilderdeponie“ Handy und in ihrer Kombination und Hängung in Gruppen und Reihen, teils gerahmt, teils mit Magneten auf großformatige Metallplatten gepinnt. Die Rückwand im Galerieraum erweist sich ein weiteres Mal als guter Ort, um eng neben- und übereinander gehängte Einzelwerke miteinander in Bezug zu setzen und einen zusätzlichen Gesamteindruck zu schaffen, der an ein Mosaik erinnert.

Im Kellergeschoss der Galerie kommt dann auch noch die Malerin Luise Wittmann durch: Eine Reihe von Fotos mit einem Blick aus dem Fenster in einen Garten war ihr „zu langweilig“, die hat sie schwungvoll übermalt und dann wieder abfotografiert. Hier verschwimmt die Grenze zwischen Foto und Gemälde – ist das noch Vorhangstoff oder schon Pinselstrich? Und ganz hinten, wo es schon zur Garderobe und zum Abort geht, hat sie vier an Kitsch grenzende ganz neue Tittmoning-Ansichten gehängt: Fotografien, vom österreichischen Ufer aus über die Salzach aufgenommen durch die Zweige eines blühenden Kriacherl-Baums. „Schön“ geht auch, ist aber nicht ganz so interessant…

Malerin Luise Wittmann in der Galerie im Zollhäusl
Fotografien, übermalt und abfotografiert: Luise Wittmann vor den bearbeiteten Fotos im Kellergeschoss

Musikalische Akzente, eigenwillig wie die Bilder, setzte bei der Eröffnung wieder einmal Josef Irgmaier am E-Piano u.a. mit dem thematisch passenden Bossa Nova „Desafinado“ von João Gilberto, in der es auch um ein Foto geht, und einer Gymnopédie von Erik Satie. Vom Tablet spielte er gleich eingangs seine Realisation von John Cages „Imaginary Landscape N°5“ ab und stimmte das zahlreich erschienene Publikum mit dem Rauschen, Quietschen und Tuckern, den verzerrten Sprachfetzen und fern nur zu erahnenden Klängen vorgefundener Testtöne gleich richtig ein auf eine Ausstellung, bei der „das Bewusstsein den Zusammenhang von Bild und Leben herstellen“ soll, um „diesen Klick zu spüren“, wie es Josef Wittmann formulierte.

Dr. Gerda Poschmann-Reichenau