Flucht, Flüchtlinge, Helferkreis, Tittmoning, Ukraine

Der Tittmoninger Helferkreis hat seine Arbeit wieder aufgenommen

Am 24. Februar begann der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Eine Woche später, am 1. März, wurde die WhatsApp-Gruppe „Tittmoning-hilft“ reaktiviert. Die Plattform, auf der die Freiwilligen des Tittmoninger Helferkreises sich schon 2015/16 ausgetauscht und organisiert hatten, als es galt, Geflüchteten aus Pakistan, Afghanistan, Syrien, Irak und anderen Ländern das Ankommen bei uns in Tittmoning leichter zu machen, wurde umbenannt in „Tittmoning hilft – Ukraine“. Auch der Helferstammtisch als wöchentlicher Austausch-Treff wurde bald wieder ins Leben gerufen. Den Verantwortlichen war klar, dass auch zu uns wieder Menschen auf der Flucht kommen würden. Offen war: wann und wie viele?

Unterstützung in der Ukraine…

Zunächst brachte man die Hilfe in die Ukraine: Von der Stadt und ihren Vereinen unterstützt, richtete der Helferkreis eine Sammelstelle für Sachspenden in der Gaisbergstraße ein. Lebensmittel, Arznei, Decken und vieles mehr wurden gesammelt und an zwei Organisationen weitergegeben, die Transporte dahin organisierten, wo die Hilfsgüter gebraucht wurden. Die Tittmoninger Bevölkerung spendete großzügig, die HelferInnen sortierten, packten, verluden, fuhren die Ladung weg. Und die Hilfe kam an: Alesia Grenz von „Heartbeat“ (Traunreut) und die Fahrer vom Verein „Friedensbote“ (mit Sammelstelle in Nilling) schickten Fotos von der Anlieferung der Hilfsgüter.

…und in Tittmoning

Parallel dazu kümmerte sich die Bürgerhilfsstelle um die Vorbereitung der Unterbringung und suchte nach Wohnraum. Der Helferkreis half, städtische Wohnungen so einzurichten, dass Geflüchtete aufgenommen werden konnten. Über WhatsApp, E-Mails und die Website tittmoning-hilft.de besorgte er die Ausstattung für Wohnungen in Törring, Asten und in der Burg und richtete sie in vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit ein. Viele der ersten Familien, die schon bald ankamen, fanden zunächst Unterkunft bei Freunden und Verwandten. Das ist anders als bei den Geflüchteten vor sieben Jahren: Die Menschen aus der Ukraine wurden der Stadt nicht zugeteilt, die meisten haben sich Tittmoning ausgesucht, weil sie irgendeine Verbindung hierher haben.

Einiges ist anders als vor sieben Jahren. Es sind wenige Männer, dafür viele Frauen und Kinder gekommen, manche mit dem eigenen Pkw. Sie sind europäische Nachbarn. Sie haben zwar eine lange Reise hinter sich und zum Teil Schreckliches erlebt, aber anders als die jungen Männer damals hatten sie bei ihrer Ankunft keine Odyssee von Monaten, teils Jahren hinter sich. Sie kommen auch nicht aus Ländern, wo seit Jahren flächendeckend (Bürger)Krieg, Hunger und Not herrscht. Viele hatten bis Februar ein ganz normales Leben in Städten wie Odessa, Charkiw oder Butscha.

Auch wenn ihre Heimat nicht weiter von Tittmoning entfernt ist als Städte in europäischen Urlaubsländern wie Griechenland, Spanien oder Portugal, stellt die fremde Sprache mit kyrillischem Alphabet natürlich eine große Herausforderung dar. Die Hilfe der ehrenamtlichen Dolmetscherinnen und Übersetzer, die zumeist selbst ursprünglich aus der Ukraine stammen, ist für die Bürgerhilfsstelle und den Helferkreis im Kontakt mit den neu Angekommenen unglaublich wertvoll. Ist der erste Kontakt hergestellt, so klappt die Verständigung für einfache Sachverhalte und Organisatorisches zur Not auch ohne Dolmetscher mit Übersetzungs-Apps auf dem Handy ganz gut.

Deutschunterricht und Kleiderbazar

Kleiderbasar im ehemaligen Poseidon
Kleiderbasar im ehemaligen Poseidon

Aber es ersetzt natürlich nicht das Gespräch. Sobald die ersten Geflüchteten bei uns angekommen waren, noch vor Ostern, war Deutschunterricht für Kinder wie Erwachsene das Nächste, was organisiert wurde. Und natürlich wurden viele kleine und große Dinge beschafft, um das tägliche Leben einfacher zu machen: Fahrräder und Möbel, Küchenausstattung und Elektrogeräte. Um den Geflüchteten die Möglichkeit zu geben, sich mit Sommerkleidung einzudecken, wurde im Mai eine eigene Sammelaktion dafür angesetzt. Die Kleiderspenden wurden so zahlreich gebracht, dass zum Bazar noch Ukrainerinnen aus den Nachbargemeinden eingeladen wurden. Das Angebot wurde sehr gut angenommen. Im Braugasthof, dessen Räume dafür zur Verfügung gestellt wurden, herrschte beste Shopping-Stimmung.

Offizieller Willkommensempfang

Willkommensabend beim Tittmoninger Helferkreis
Willkommensabend beim Tittmoninger Helferkreis

Ein offizieller Empfang der Stadt, zu dem der Bürgermeister die neuen MitbürgerInnen aus der Ukraine im April in den Braugasthof lud und ein Kennenlerntreffen der Helferinnen und Helfer mit den Menschen aus der Ukraine Mitte Mai im Pfarrsaal stellten nach einer Phase des Ankommens persönliche Bekanntschaft und Vertrauen her. Zum Treffen im Pfarrsaal hatten UkrainerInnen und Einheimische gemeinsam ein einladendes Büffet mit reichlich Kuchen und Brotzeit bestückt. Es gab kleine Geschenke und eine Spielecke für die Kinder, und zwischen den etwa 25 Geflüchteten und 20 HelferInnen gute Gespräche.

UkrainerInnen und Einheimische hatten gemeinsam ein einladendes Büffet mit reichlich Kuchen und Brotzeit bestückt.
UkrainerInnen und Einheimische hatten gemeinsam ein einladendes Büffet mit reichlich Kuchen und Brotzeit bestückt.

Wie lange die inzwischen (bei Redaktionsschluss Ende Mai) 61 Geflüchteten aus der Ukraine in Tittmoning bleiben werden und wie viele möglicherweise noch kommen, ist unklar. Natürlich hoffen alle auf ein Ende des Krieges und dass sie wieder heimkehren können. Viele haben ihre Männer oder auch die Eltern in der Ukraine lassen müssen. Aber um bis dahin hier leben, in den Kindergarten oder zur Schule gehen, im Idealfall auch arbeiten zu können, gilt es sehr viel zu organisieren. Anträge müssen gestellt werden: Krankenversicherung, Grundsicherung, Schule, Integrationskurs… Die Bürgerhilfsstelle im Rathaus gibt wichtige Hilfestellungen. Unterstützt wird sie – wo es nur geht – vom Helferkreis.

Der Helferkreis sucht noch Unterstützung

Unter dem Namen „Tittmoning hilft“ sind rund 45 Tittmoningerinnen und Tittmoninger ehrenamtlich aktiv für die Geflüchteten – von jungen Leuten bis zu RentnerInnen. Sie geben Sprachunterricht, beaufsichtigen Kinder, während die Eltern im Deutschkurs sind, sie fahren Familien zu amtlichen Terminen, liefern Möbel, nähen Gardinen oder sind in der wöchentlichen Sprechstunde Ansprechpartner für alle Fragen des täglichen Lebens. Es sind viele, aber es werden noch mehr gebraucht. Der wöchentliche Helfer-Stammtisch donnerstags um 19 Uhr im Café im Alten Bäckerhaus ist offen für weitere Ehrenamtliche, die etwa Fahrdienste übernehmen oder Deutschunterricht geben.

Auf der Website tittmoning-hilft.de ist außerdem immer nachzulesen, was aktuell konkret benötigt wird – Fahrräder für Erwachsene und Kinder, gebrauchte Laptops oder Kühlschränke. Auch wer sich nicht regelmäßig engagieren kann oder möchte, findet hier vielleicht eine Möglichkeit, mit einer gezielten Sachspende, die garantiert ankommt und hilft, Gutes zu tun. Schauen Sie doch mal rein! Hier finden Sie auch die Kontaktdaten der Ansprechpartner.

PS: Geldspenden sind immer willkommen:
Empfänger: Stadt Tittmoning
BIC: GENODEF1BGL
IBAN: DE 48 7109 0000 0104 2108 32
Verwendungszweck: Ukraine – Nothilfe

Dr. Gerda Poschmann-Reichenau