Kleinbetriebe durch Zwangsmaßnahmen in ihrer Existenz bedroht
– staatliche Hilfe bleibt aus.
Sehr lange haben sich die Gewerbetreibenden vorbildlich an die von Bundes- und Landesbehörden erlassenen Vorschriften und Verbote gehalten, Hygienekonzepte und Zugangsbeschränkungen erarbeitet und durchgesetzt und ihre Geschäfte auf unbestimmte Zeit ganz zugesperrt, wenn das von ihnen verlangt worden ist. Die Krise verlangt Opfer. Und da niemand den Stein der Weisen besitzt, wurde der staatlichen Exekutive viel Zustimmung, viel Verständnis und viel Geduld entgegengebracht.
Der ehemalige Verfassungsrichter, Prof. Udo di Fabio, hat Anfang des Jahres in einem Interview mit dem Spiegel gesagt: „Die Krise ist die Stunde der Exekutive. Ein Problem entsteht, wenn aus der Stunde ein Jahr wird“. Das Jahr ist inzwischen deutlich überschritten, die Maßnahmen sind weder wirksamer noch verständlicher geworden. Kontakt- und Ausgangsverbote hat es schon zu Zeiten der Pest vor 650 Jahren gegeben; die Zustimmung zu diesen drastischen Eingriffen schwindet in dem Maß, wie sich die Exekutive als unfähig erweist, die Impfkampagne sinnvoll zu steuern, Corona-Tests als Zugangsberechtigung anzubieten, wirksame Medikamente zuzulassen und die zugesagten finanziellen Hilfen für Gewerbetreibende endlich auszuzahlen. Wenn für die „November-Hilfe“ im darauf folgenden Februar noch nicht einmal die Antragsformulare fertig sind, kann man das Systemversagen des Beamtenapparats nicht mehr gesundbeten.
Der Gewerbeverband gibt sich alle Mühe, seine Mitglieder schnellstmöglich und in dem Wust widersprüchlicher Regeln für die betroffene Region aktuell und sachlich zutreffend zu informieren. Die aktuellen Informationen kommen auf Wunsch laufend auf den Bildschirm, dazu gibt es praktische Hinweise, Berichte über laufende Verfahren und über die Verbandstätigkeit auf allen politischen Ebenen. Mehr kann der BdS nicht tun. Die wirtschaftliche Existenz sehr vieler Gewerbebetriebe hängt von der Arbeit von Behörden ab, die nicht den Hauch einer Erfahrung mit einer kritischen wirtschaftlichen Situation haben. Trotzdem versucht der Gewerbeverband Zuversicht und Optimismus zu verbreiten.
Kleine Schritte zur Rückkehr zu einer Geschäftstätigkeit wurden den Regierungen abgerungen. Der Straßenverkauf von Speisen und Getränken durch Gastronomiebetriebe sind wieder möglich, Frisöre können wieder arbeiten, der Einzelhandel darf unter Auflagen wieder öffnen. Bis zum Erscheinen dieses Artikels werden auch die letzten Branchen, die derzeit noch am Erbringen ihrer Leistung gehindert werden, arbeiten dürfen.
Die pandemiebedingten Geschäftsschließungen und deren Auswirkungen durch den Wegfall ganzer Branchen betreffen nicht die Konzerne und Internetplattformen, sondern vor allem die unternehmergeführten Kleinbetriebe, die Ladeninhaber in den Städten, die Dienstleister und die Handwerker. Sie alle sind mit ihren Familien von den Einnahmen aus ihrer Tätigkeit abhängig. Sie brauchen Umsätze, brauchen das Geld für ihre Leistung. Wenn der Staat sie schon gegenüber den Konzernen benachteiligt, sollten sich wenigstens die Menschen mit ihnen solidarisch zeigen und, sobald es wieder möglich ist, bei ihnen kaufen und ihre Dienste in Anspruch nehmen. Das wäre ein Zeichen guter Nachbarschaft.
Josef Wittmann